gute texte für gutes corporate publishing!

Kundenmagazine, Unternehmensblogs und Mitarbeiterzeitschriften informieren, unterhalten, schaffen Vertrauen – und stärken die Marke eines Unternehmens. Erfolgreiches Corporate Publishing braucht jedoch Qualität und guten Content. Denn nur ein Magazin, das auch gelesen wird, kann seine Ziele erreichen. 

Spannende Geschichten, relevante Themen, informative News, verpackt in journalistische Texte – das sind die Grundpfeiler eines erfolgreichen Magazins. Und dieser Grundsatz gilt auch für Unternehmen. Gerade für Unternehmen. Denn Corporate Publishing verfolgt nicht nur das Ziel, seine Kundinnen und Mitarbeiter zu informieren und zu unterhalten. Mit den eigenen Medien – seien sie digital oder gedruckt – will ein Unternehmen seine Marke stärken, die Kunden binden, das gewünschte Image bilden, die Mitarbeiter ans Unternehmen kitten. Und dies schafft eine Publikation nur, wenn sie spannend und unterhaltsam geschrieben ist. Und wenn sie mit ihren Themen beim Zielpublikum ins Schwarze trifft.

Geschichten erzählen! Überraschen! Themen setzen!

Qualität und Content durch gute journalistische Texte – dies ist das Erfolgsrezept von Corporate Publishing. Eine Kunden- oder Mitarbeiterzeitschrift, aber auch ein redaktioneller Geschäftsbericht oder ein E-Magazin brauchen spannende Geschichten, die den Leser packen. Die der Leserin einen Blick hinter die Kulissen erlauben. Die Menschen zu Wort kommen lassen, die etwas zu sagen haben. Die Wissen verständlich vermitteln und informieren ohne zu langweilen. Geschichten, die überraschen. Geschichten, die gerne gelesen werden.

Gute Geschichten erlauben einem Unternehmen, ohne Werbung – und somit authentisch und glaubwürdig – Themen zu setzen, die alle anderen Kommunikations- und Marketingstrategien unterstützen. Und die der Leserin und dem Leser helfen, aktuelles Geschehen einzuordnen und sich eine Meinung zu bilden. Denn es ist das Porträt über den knorrigen, aber innovativen Älpler, das in der Erinnerung der Kunden des Milchverarbeiters hängen bleibt. Es ist die multimediale Reportage über die technischen Innovationen einer Meeresforschungsstation, die im digitalen Magazin des IT-Unternehmens gelesen wird. Es ist das witzige Mitarbeiterinterview, das in der Kantine der Maschinenbaufirma für Gesprächsstoff sorgt. Es ist die Analyse über die aktuellen Anlagetrends, die beim Bankkunden Vertrauen schafft.

Spannung statt Werbung

Tolle Texte entstehen aber nur, wenn bereits bei der Konzeption mit Profis gearbeitet wird. Denn mit der Qualität und dem Inhalt seiner Medien offenbart ein Unternehmen, wie es drauf ist und was es drauf hat. Wenn es ein Unternehmen schafft, mit guten Texten und den richtigen Themen crossmedial mit der Zielgruppe in Kontakt zu treten, wird dies letztendlich auch das Kaufverhalten der Kunden oder die Zufriedenheit der Mitarbeiter beeinflussen.

Professionelles Corporate Publishing kann Marketingziele mit Spannung statt Werbung erreichen. Werbeslogans und PR-Texte haben im redaktionellen Teil einer Publikation daher nichts verloren. Im Gegenteil – in Zeiten von Facebook und Twitter, die jedes Highlight, aber auch jede Verfehlung sekundenschnell publik machen, wird von einem Unternehmen verlangt, authentisch, objektiv, relevant und gleichzeitig innovativ zu kommunizieren. Es müssen nicht nur jene Themen ins Blatt oder ins Netz, die für das Unternehmen wichtig sind, sondern auch jene, welche die Kunden beschäftigen. Und das gilt auch für die kritischen Themen. 

text erschienen im oktober 2014 im magazin corporate gate der agentur bloom identity gmbh.
text: manuela ryter, textbüro manuskript, bern 

kluge köpfe für kluge ideen
apps with love

Apps sollen uns das Leben erleichtern – das ist das Credo der Berner Agentur Apps with love. Die Entwickler in der Lorraine wissen, was es für eine gute Applikation braucht.

Smartphones bestimmen unser Leben. Doch eigentlich sind es nicht die Funktionen der fortschrittlichen Handys, die uns an den Bildschirm fesseln, sondern die Apps, die diesen zum Leben erwecken. Es gibt Apps für jeden erdenklichen Nutzen. Wir wissen dank einer App, wann der nächste Bus in unserer Nähe fährt, wir überwachen unser Baby und zählen die Kalorien per App, wir pflegen unseren Freundeskreis über Apps und analysieren per App die Lawinengefahr. Vieles ist Spielerei, vieles Zeitverschwendung, manches nützlich.

«Eine gute App erleichtert uns das Leben», sagt App-Spezialist Beni Hirt. Er muss es wissen – seit vier Jahren produziert der Mitbegründer der App-Agentur Apps with love in der Berner Lorraine Smartphone-Applikationen. «Nur Apps, die wirklich nützlich sind und uns einen klaren Mehrwert bringen, setzen sich durch», sagt er. Der Knackpunkt sei, dass häufig nicht voraussehbar sei, ob eine App tatsächlich nützlich sein werde oder nicht – «sonst wäre Facebook schon viel früher erfunden worden».

Kreativität ist gefragt

Beni Hirt ist jung, seine schwarze Brille rundet seinen schicken, urbanen Stil ab. Der 33-jährige Berner gehört zu jenen, die das Potenzial des mobilen Internets früh erkannt haben. Bei einem Sofa-gespräch nach dem Pokern wälzten der Betriebsökonom und seine Freunde erstmals die Idee, selbst eine App zu entwickeln. Im Jahr 2010 gründete Hirt zusammen mit einem Designer, einem gadgetaffinen Lehrer und einem Software-Entwickler Apps with love.

Die damals initiierte Einladungs-App «Come on!» kam erst drei Jahre später auf den Markt. Doch bis dahin war aus dem Start-up mit der ursprünglich bescheidenen Geschäftsidee – der Entwicklung einer eigenen App – eine erfolgreiche Agentur mit 16 Mitarbeitern geworden. Mit Apps wie «Openair-Buddy» für die Swiss-com oder «Gleis 7» für die SBB festigte die Agentur ihren Platz im hart umkämpften Apps-Markt. Der unterschiedliche Hintergrund der vier Gründer unterscheide das Unternehmen bis heute von der Konkurrenz, sagt Hirt.

Denn bei App-Entwicklern ist viel Kreativität gefragt. Und diese flimmert im kleinen Büro von Apps with love regelrecht in der Luft. Apps werden hier nicht nur mit Liebe und Leidenschaft, sondern auch mit viel Know-how produziert.

Die Kunst der Entwicklung

Das Team von Apps with love weiss, was es für eine gute App – abgesehen von der guten Idee – noch braucht. «Eine gute App ist klar und einfach aufgebaut und hat ein tolles Design», sagt Hirt. Erst dann werde ihre Funktion für den Nutzer zugänglich. Bei den Apps gilt also, was im komplexen Leben immer seltener wird: weniger ist mehr. Hier liege die Kunst der App-Entwickler, sagt Hirt, «denn je einfacher eine App auf dem Bildschirm daher kommt, desto komplexer ist in den meisten Fällen ihre Entwicklung».

Eine gute App sei jedoch nicht in jedem Fall eine erfolgreiche App, sagt Hirt: «Eine App muss an die Massen, das braucht viel Zeit und ein grosses Marketingbudget.» Hirt und sein Team mussten dies bei ihren vier Eigenproduktionen schmerzlich erfahren. Mit eigenen Apps Geld zu verdienen, sei sehr schwierig, sagt Hirt – egal ob die App gratis mit Werbung oder für zwei Franken im App-Store erhältlich sei. Die in der Schweiz produzierten Apps seien daher meistens Marketinginstrumente. So etwa die von Hirt und seinem Team produzierte App «SBB Connect», mit der Reisende allfällige Facebook- und Twitterfreunde im gleichen Zug auffinden können.

Die Entwicklung im Apps-Bereich werde trotzdem massiv weitergehen, sagt Hirt, «das Potenzial ist noch riesig». So werde etwa im Bereich der Indoor-Navigation viel Neues kommen. «Apps werden uns beispielsweise im Laden zu den Aktionen führen», sagt Hirt. Zu was Apps sonst noch fähig sind, wird die Zukunft zeigen.

dieser artikel erschien am 20. mai 14 in der bz/bund-beilage "bildung".
text: manuela ryter, textbüro manuskript, bern 

grün im kopf – grün im herzen

Gabriela Manser, Chefin der Mineralquelle Gontenbad, findet Kraft und Ideen in der märchenhaften Natur des Appenzells.

Frau Manser, die Namen Ihrer Getränke stammen aus der Welt der Feen und Elfen – die Kräuter, etwa Holunderblüten oder Melisse, aus der Natur. Sind Sie eher Unternehmerin oder Märchenfee?
Gabriela Manser: Ich bin eine ganz normale Unternehmerin, die dank 17 Jahren Erfahrung als Kindergärtnerin einen guten Zugang zum Märchenhaften hat. Diese Ebene nutze ich. Wir wollen nicht nur Getränke herstellen, sondern auch Geschichten erzählen und Freude bereiten.

Kürzlich haben Sie sogar ein Märchen in Buchform herausgegeben. Wie wurden Sie Märchenerzählerin?
GM: Als wir den Namen für unseren Bio-Eistee «iisfee» gefunden hatten, war klar, dass ich ein Märchen dazu schreiben würde. Das Buch entstand dann aber erst ein Jahr später aus purer Freude an der Geschichte – den Anstoss dazu gab eine Malerin, die an dem Märli interessiert war.

Ist die märchenhafte Natur der Schlüssel zu Ihrem Erfolg? 
GM: Nicht nur, da braucht es einen Mix aus vielen Elementen. Aber die Natur ist auf jeden Fall meine Inspirationsquelle. Ich bin sehr naturverbunden und glaube an die Existenz von etwas Grösserem. Im Wald, an einem Bach, beim Blinzeln in die Sonne taucht man in diese märchenhafte Welt ein, in der sich alles relativiert und man sich nicht mehr so wichtig nimmt.  

Sie sind bekannt für Ihr grosses Engagement für die Nachhaltigkeit. Woher kommt dies?
GM: Ich bin mit dieser Quelle im Gontner Hochmoor aufgewachsen. Die Mitarbeiter sassen früher bei uns am Tisch. Für mich war schon immer klar: Wenn man etwas Wertvolles erhalten will, muss man zu Mensch und Natur Sorge tragen. 

Ihr Grossvater füllte seine Mineral-wasserflaschen noch von Hand ab. Welchen Stellenwert nimmt das Wasser in Ihrem Leben ein?
GM: Einen grossen. Beim Wandern bleibe ich bei jedem Bächlein stehen. Ich finde das Plätschern von Wasser unglaublich schön. Wasser hat etwas Geheimnisvolles. Auch unser Mineralwasser: Wir wissen, dass es mindestens 25 Jahre lang in den Tiefen des Alpsteins unterwegs war. Ansonsten wissen wir sehr wenig. Für mich ist es ein kleines Wunder, dass wir trotz Klimaveränderung und saurem Regen Wasser zur Verfügung haben, das seine Reinheit bewahren konnte.

Nach 17 Jahren in St. Gallen gingen Sie zurück ins Appenzell, zurück zu Ihren Wurzeln. Was bedeutete dies für Sie?
GM: Zurückzukommen war schön, aber auch schwierig: Ich war nicht mehr die gleiche und kam in einer anderen Rolle zurück. Es brauchte Mut, ich selbst zu sein. Wenn ein Mensch zu sich selbst findet, wird er eckiger und kantiger, aber auch bunter. Diese Authentizität versuche ich auf unsere Firma zu übertragen.

dieser artikel erschien im mai 14 in der fachzeitschrift oliv.
text: manuela ryter, journalistin und texterin, textbüro manuskript, bern 


 

Die urbane Sehnsucht nach mehr Natur

Urban Gardening ist mehr als nur ein Trend. Die junge, urbane Stadtbevölkerung holt sich die Natur zurück in die Stadt. Auch in der Stadt Bern verdecken Kräuter, Wildblumen und Gemüse grauen Beton.

Nicht jedes Blumenbeet in einem städtischen Vorgarten ist dem Trend Urban Gardening zuzuschreiben. Nicht jeder Schrebergarten gehört dem Phänomen an, das in den vergangenen Jahren von New York in die europäischen Grossstädte schwappte. Urban Gardening ist mehr: Der Griff zu Spaten, Schaufel und Setzlingen ist Ausdruck eines modernen, städtischen Lebensgefühls. Er beschreibt die Sehnsucht der jungen, urbanen Bevölkerung nach mehr Natur und Bodenständigkeit. Nach Wildblumen und naturnahen Erholungsräumen, nach gesundem und regionalem Bio-Gemüse, Artenvielfalt und gemeinschaftlichen Projekten. Es zieht sie hinaus in die Hinterhöfe und auf die Quartierplätze, die sie beleben und begrünen wollen, statt nur noch über Facebook zu kommunizieren. Sie wollen ihren Lebensraum selbst gestalten und holen sich mit Kreativität die Natur zurück in die Stadt.

Freiraum für Experimente

Kreativ geht es auch im Zentralpark in der Berner Lorraine zu und her. Auf der Brachfläche ziehen seit 2011 die Quartierbewohner gemeinsam Gemüse aus Säcken, Kisten und Abflussrohren. Im Gegensatz zu den Schrebergärten, wo jeder sein eigenes Gärtli hegt und pflegt, gärtnern hier rund 25 junge Städter zusammen und die Kartoffeln, Krautstiele und Kräuter, die hier wachsen, gehören allen. Jeder, der hilft, darf ernten. Und einmal im Monat wird gemeinsam gekocht, mit dem eigens gezogenen Gemüse. «Die Leute wollen wissen, woher ihr Gemüse kommt», sagt Sebastian Haas, der seit Beginn dabei ist.

Doch im Zentralpark stehe nicht der Ertrag im Vordergrund, hier gehe es um das Gemeinschaftliche. Das Gärtnern verbinde und schaffe Freiraum und Freiheit. «Es ist spannend, den öffentlichen Raum aktiv gestalten zu dürfen», sagt der 32-jährige Krankenpfleger und Landschaftsgärtner, «wir haben hier Narrenfreiheit – die Brache ist unsere Experimentierfläche.» Mit der Saatgutbank im Q-Laden und an der jährlichen Setzlingsbörse sensibilisieren die Lorraine-Gärtner ausserdem für die Biodiversität – ein grosses Anliegen von Urban Gardener Haas: «Es gibt unzählige Tomatensorten, nur sind die wenigsten davon bekannt.»

Die Kreativität der urbanen Gärtner wertet die Stadt auf: In der Lorraine ist nicht nur ein Garten, sondern ein naturnahes Gelände entstanden, das auch von Schülern, Familien und Arbeitern aus dem Quartier genutzt wird – zum Picknicken, Spielen oder Ausspannen. Urban Gardening sei jedoch nur der Anfang, sagt Haas. Wen die Gärtner-Leidenschaft packe, werde früher oder später im Boden statt in Kisten anpflanzen wollen – und sich ein Stück Land oder einen Schrebergarten suchen.

Wildpflanzen statt Blumenrabatte

Dass der Trend Urban Gardening in die 27 Stadtberner Schrebergärten mit den über 2000 Parzellen dringt, bestätigt auch Walter Glauser, Bereichsleiter Familiengärten von Stadtgrün Bern. «Die Familiengärten verändern sich», sagt er – dies sehe man nicht nur an den jüngeren, urbaneren Gärtnern, sondern auch an den Pflanzen. Bio hält Einzug, neu wachsen hier auch Wildpflanzen anstelle herausgeputzter Blumenrabatte. «Wir begrüssen dies», sagt Glauser, selbst leidenschaftlicher Gärtner.

Auf der Brache des alten Tramdepots am Burgernziel eröffnete er 2013 einen Gemeinschaftsgarten – nur dass die rund 30 Gärtnerinnen und Gärtner hier nicht wie in der Lorraine gemeinsam säen und ernten, sondern nebeneinander. Der Ertrag sei klein, aber der Aufwand auch, sagt Katja Jucker, die das Projekt koordiniert. «Die Leute – und vor allem die Kinder – sind fasziniert zu sehen, wie ein Gemüse wächst.» Und der Garten sorge über den Gartenhag hinaus für Leben. Auf der Wiese bei der Markuskirche wird in diesem Frühling ein ähnliches Projekt entstehen. Am Ralligplatz in der Länggasse ziehen die Bewohner seit 2012 Rüebli und Fenchel für die Schmetterlinge. An der Normannenstrasse in Bümpliz stellt die Stadt den Anwohnern Parzellen als «Küchengärten» zur Verfügung. Und im Brünnengut steht eine grosse Obstwiese, auf der die Bevölkerung die Bäume pflegt, die Äpfel und Birnen dann erntet und mostet.

«Die Menschen entdecken die Lust am Gärtnern neu», sagt Glauser – für ihn sei dieser Trend ein Glücksfall. «Die Menschen sollen ihren Lebensraum mitgestalten und den Kontakt mit Erde und Pflanzen wieder finden. Das ist meine Motivation.» Und das Potenzial sei noch lange nicht ausgeschöpft. In der Elfenau will Glauser einen Naschgarten anpflanzen, wo die Bevölkerung ab 2015 legal Beeren stehlen darf. Ein gemeinschaftlich bebauter Acker schwebt Glauser vor. Oder ein in Mischkultur besätes Stück Land, das man meterweise pachten, pflegen und ernten kann. Sein ausgefallenstes Projekt, ein vertikaler Garten, an dem Bernerinnen und Berner dereinst auf kleinstem Raum Gemüse ernten dürfen, ist Glauser noch im eigenen Garten am testen.

Urban Gardening auf dem Land

Urban Gardening drängt jedoch nicht nur in die Schrebergärten, sondern auch aufs Land. In Worb bepflanzen 220 Leute des Vereins Radiesli mithilfe zweier Gärtnerinnen eine halbe Hektare Land nach biologischen Grundsätzen. Die Ernte wird wöchentlich an die Vereinsmitglieder verteilt. Und viele Städter, die wegen der Wohnungsnot aufs Land ziehen, verwandeln dort mit Betonplatten eingerahmte Rasenflächen und eingezäunte Rabatten in Erholungsräume mit einheimischen Pflanzen, biologisch angebauten Gemüsegärten, Kiesplätzen und Trockensteinmauern, die nicht nur Schmetterlinge und Insekten, sondern auch Igel, Vögel und Salamander anziehen. Denn so urban der Trend Urban Gardening ist, so naturnah und nachhaltig möchte er sein.

dieser artikel erschien in der bz-beilage zur eigenheim bern 14.
text: manuela ryter, textbüro manuskript, bern

Zwei Frauen – ein Ziel

Zwei Professorinnen der Universität Bern machen es vor: Dank Jobsharing sind Familie und Karriere für Bettina Nyffenegger und Lucia Malär kein Widerspruch.

An der Universität Bern studieren mehr Frauen als Männer. Auch bei den Doktorierenden machen Frauen fast die Hälfte aus. Und trotzdem wird nur jede fünfte Professur von einer Frau besetzt. Dass es auch anders geht, zeigen Bettina Nyffenegger und Lucia Malär: Sie teilen sich seit 2011 am Institut für Marketing und Unternehmensführung eine Assistenzprofessur. Sie geben gemeinsame Vorlesungen und Seminare und forschen einzeln wie auch gemeinsam über Marken und Konsumenten. Mit Erfolg: Als Markenspezialistinnen haben sie sich in Wissenschaft wie auch in der Öffentlichkeit einen Namen gemacht. Malär wurde Ende 2013 mit dem Marie Heim-Vögtlin-Preis des Schweizerischen Nationalfonds ausgezeichnet. Neben ihren Teilzeitpensen sind die Professorinnen an zwei Tagen pro Woche für ihre Kinder da.

"Die Idee, dass wir eine Professur teilen könnten, war eine Art Geistesblitz, als eine Professorenstelle frei wurde", sagt Malär, die 2008 kurz vor ihrer Promotion zum ersten Mal Mutter geworden war. Auch Nyffenegger wollte nur eine Teilzeitstelle, damit sie neben der Forschung auch in der Privatwirtschaft tätig sein konnte. Heute ist auch sie Mutter einer einjährigen Tochter. "Jobsharing eignet sich in der Forschung gut", sagt Nyffenegger – sofern auf persönlicher Ebene alles stimme. "Zwar gibt es einen Effizienzverlust, weil wir uns beide in ein Thema hineindenken müssen", sagt sie. Dafür sei der Austausch und somit auch der Output grösser: "Zu zweit haben wir doppelt so viele Ideen, wir hinterfragen unsere Arbeit häufiger, arbeiten fokussierter und setzen uns gegenseitig Deadlines." Auch bei den Studierenden komme die Abwechslung in den Vorlesungen gut an. Jobsharing sei eben mehr, als wenn zwei Leute Teilzeit arbeiteten: "Wir arbeiten als Team an einem Ziel", sagt Malär.

Noch sind sie auf ihrer Stufe mit diesem Arbeitsmodell die einzigen an der Universität Bern. Es brauche mehr Vorbilder, damit auch mehr Frauen eine akademische Laufbahn einschlagen, sagt Malär. "Und es braucht – neben Teilzeitstellen – flachere Hierarchien und mehr unbefristete Stellen im Mittelfeld, etwa Assistenzprofessuren. Dies gäbe den Frauen mehr Sicherheit und längerfristige Arbeitsperspektiven." Heute sei die akademische Laufbahn einzig auf das Ziel, irgendwann einen der wenigen unbefristeten Lehrstühle zu besetzen, ausgerichtet. Alle anderen Stufen seien nur Vorstufen mit befristeten Verträgen. Vielen Frauen sei es aber nicht so wichtig, "ganz nach oben" zu kommen: "Wir wollen in erster Linie forschen."

Text: Manuela Ryter, textbüro manuskript bern

Die gekürzte Fassung dieses Textes erschien im März 2014 im BERNpunkt, Magazin für Stadt und Region Bern (Wirtschaftsraum Bern). 

Kleinere Karrierechancen trotz guter Ausbildung

Die jungen Berner Frauen haben in der Bildung aufgeholt: An den Berner Hochschulen studieren mehr Frauen als Männer. Auf dem Arbeitsmarkt können die top ausgebildeten Frauen ihr Potenzial jedoch auch heute noch nicht ausschöpfen.

Die Zeiten, in denen Frauen den Männern punkto Ausbildung nachhinkten, sind vorbei: Die jungen Frauen im Kanton Bern sind heute sogar etwas besser ausgebildet als die jungen Männer. Frauen sind an der Universität Bern mit 54 Prozent in der Mehrheit. Noch vor 30 Jahren sassen in den Berner Hörsälen nur ein Drittel Frauen. An der Pädagogischen Hochschule Bern sind Frauen mit über zwei Dritteln vertreten. Nur an der Berner Fachhochschule sind sie mit 42 Prozent in der Minderheit. Begründet wird dies unter anderem damit, dass viele junge Berner Frauen das Gymnasium besuchen, während sich junge Männer häufiger für eine duale Ausbildung mit Lehre, Berufsmaturität und Fachhochschule entscheiden.

Dies sind beachtliche Zahlen und sie liegen im Schweizer Durchschnitt. Die Studienrichtung wählen die jungen Frauen jedoch nach wie vor nach Stereotypen, ähnlich wie die angehenden Lernenden bei der Berufswahl. Auch wählen sie aus einem viel kleineren Spektrum an Fächern und Berufen als Männer. Im Kanton Bern studieren Frauen Recht, Medizin oder wählen ein Studium an der geisteswissenschaftlichen Fakultät. Oder sie bilden sich zur Lehrerin, Pflegefachfrau oder Designerin aus. In technischen Fächern wie Informatik, Technik, Architektur, Bau oder Wirtschaftswissenschaften sind sie zum Teil stark untervertreten.

Geringere Karrierechancen, weniger Lohn

So gut die Frauen ausgebildet sind – in der Arbeitswelt können sie ihr Potenzial auch heute nicht ausschöpfen. Gute Qualifikationen führen bei Frauen viel weniger häufig zu einem gut bezahlten Job als bei Männern: Fünf Jahre nach dem Masterabschluss besetzen 27 Prozent der studierten Frauen in der Schweiz eine Kaderstelle, nach einem Fachhochschulstudium 32 Prozent. Bei den Männern sind es 39 Prozent bzw. 50 Prozent. Und wenn die Kinder kommen, sinkt der Frauenanteil in Kaderpositionen weiter ab. Im Espace Mittelland waren 2012 16 Prozent aller erwerbstätigen Frauen Vorgesetzte. Bei den Männern waren es 24 Prozent. Auch an der Universität Bern wird nur jede fünfte Professur von einer Frau besetzt.

Auch bei den Besten der dualen Grundausbildung, jenen, die mit Auszeichnungen von Berufs- oder Weltmeisterschaften zurückkehren, gibt es keinen Leistungsunterschied zwischen Männern und Frauen, wie Ueli Müller, Unternehmer und Generalsekretär von SwissSkills, betont. Eine berufliche Karriere machten dann trotzdem vorwiegend die Männer, «weil die Frauen Kinder bekommen». Es sei die brutale Realität in der KMU- Welt, die die Schweiz präge, dass die Verfügbarkeit entscheidend für die Karriereentwicklung sei – da könne bereits der Mutterschaftsurlaub zum Problem werden. Teilzeit sei meist nicht möglich, schon gar nicht in einer verantwortungsvollen Position. Die Gesellschaft müsse aufhören, Frauen ein schlechtes Gewissen zu machen, wenn sie Karriere machen wollten, sagt Müller. «Doch meine persönliche Erfahrung im KMU-Umfeld zeigt, dass viele Frauen kein Interesse mehr an einer Karriere haben, sobald Kinder da sind.»

Frauen stossen an gläserne Decke

Dieses Argument lässt Barbara Ruf von der Kantonalen Fachstelle für Gleichstellung nicht gelten: «Wir kämpfen dafür, dass Frauen wählen können. Und dies ist heute nicht der Fall.» Die Arbeitsanforderungen seien auf eine traditionelle, männliche Arbeitswelt ausgelegt: In einer Führungsfunktion arbeitet man Vollzeit und ist jederzeit verfügbar. Die grosse Mehrheit der Frauen mit Kindern im Kanton Bern arbeitet jedoch Teilzeit, während ihre Partner 100 Prozent arbeiten, wie aus den Zahlen des Bundesamts für Statistik hervorgeht. «Frauen stossen in Unternehmen oft an eine gläserne Decke», sagt Ruf, «sie können ihre Qualifikationen, die sie aus der Ausbildung mitbringen, in der Berufswelt nicht gleich umsetzen wie Männer.» Viele gut qualifizierte Frauen wählten deshalb den Ausweg in die Selbstständigkeit – und fehlten somit in den Unternehmen. Es tue sich jedoch etwas, sagt Ruf, auch wenn die Fortschritte sehr klein seien. Etwa das KMU, welches eine Lösung findet für einen Vater, der sein Pensum reduzieren möchte, damit auch seine Frau arbeiten kann. Oder das grössere Unternehmen, das mit Mentoring gezielt Karrieren von Frauen fördert.

Für die Unternehmerin Christine Abbühl vom Frauenwirtschaftsverband Business and Professional Women Bern muss sich das Gesellschaftsbild, nach welchem «eine Mutter zu ihren Kindern gehört und ein Mann Vollzeit arbeitet», ändern, damit sich die Chancen für die Frauen verbessern können. Die jungen, aufstrebenden Frauen lebten in einem Irrglauben. «Sie sind überzeugt, dass es nicht nur in der Bildung, sondern auch im Beruf Chancengleichheit gibt.» Dies entspreche jedoch auch bei Frauen ohne Kinder nicht der Realität – und wenn sie dies merkten, sei die Enttäuschung gross.

Text: Manuela Ryter, textbüro manuskript bern

Dieser Text erschien im März 2014 im BERNpunkt, Magazin für Stadt und Region Bern (Wirtschaftsraum Bern).

«Reinigen fördert unseren Geist»

 

Ökologie, Homöopathie und Anthroposophie gehören für Beate Oberdorfer 
zur Lebensgrundlage. Für die Co-Geschäftsführerin von Sonett spielt Wasser 
die Hauptrolle beim Putzen und Waschen. 

Frau Oberdorfer, wie sauber ist Ihre Wohnung? 
Beate Oberdorfer: Ich mache gerne sauber. Für mich bedeutet Putzen, dass mein Zuhause danach ordentlich ist. Ich erlebe es deshalb als eine wohltuende Tätigkeit. Reinigen gehört zur geistigen Entwicklung. Die äussere Reinigung ist auch eine innere Reinigung.

Haben Sie schon immer mit ökologischen Mitteln gewaschen und geputzt?
BO: Ja. Mein Elternhaus war ganz stark von der Reformbewegung geprägt, ich bin mit Homöopathie und Ökologie aufgewachsen. 

Sie bezeichnen Wasser als das eigentliche Reinigungsmittel. Wäscht Wasser denn sauber? 
BO: Waschmittel brauchen wir, um die Oberflächenstruktur des Wassers aufzubrechen. So kann das Wasser ins Gewebe eindringen und den Schmutz lösen. Das eigentliche Reinigungsmittel aber ist das Wasser. 

Das Wasser in den Sonett-Produkten wird verwirbelt und energetisiert. Ausserdem werden die Produkte mit balsamischen Zusätzen, die dazu rhythmisiert werden, bereichert. Was bringen diese Vorgänge?
BO: Die Verwirbelung des Wassers dient nicht dazu, dass das Waschmittel im stofflichen Sinne besser reinigt oder besser abbaubar ist. Unser Ziel ist es, dem Wasser einen aufbauenden Impuls zuzuführen. Wasser hat eine eigene Beweglichkeit; ein natürlich fliessender Fluss reinigt sich auch selbst durch Verwirbelung. Auch den balsamischen Zusätzen wie Lorbeer oder Weihrauch prägen wir im Oloid eine Achterbewegung ein, ähnlich der Mäanderbewegung der natürlichen Flussläufe. 

Weshalb tun Sie das?
BO: Weil wir das Wasser mit Putzmitteln schädigen, indem wir dessen Oberflächenstruktur zerstören – da können wir noch so ökologische Produkte verwenden. Wir wollen dem Wasser Lebenskräfte zurückgeben. Man findet dieses Prinzip der Bewegung auch in der Homöopathie und in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. 

Welche Rolle spielt das Wasser in Ihrem Leben?
BO: Ich versuche, Wasser bewusst zu geniessen. Und ich halte mich gerne an Orten auf, wo Wasser ist. Ich wohne in einem Haus direkt am Bach. Wasser ist ein belebendes Element.

Sie führen eine anthroposophisch geprägte Firma, die keine Gewinn-maximierung anstrebt, sondern behinderte Menschen beschäftigt und Angestellten Kurse in Eurythmie bezahlt. Ist Sonett ein Sozialprojekt? 
BO: Nein. Es ist ein Wirtschaftsunternehmen, in dem Menschen unterschiedlichster Art die Möglichkeit haben, sich zu entwickeln. Dies ist eine wichtige Aufgabe der Arbeitswelt. 

Welche Rolle spielt Anthroposophie in Ihrem Leben?
BO: Durch sie habe ich verstanden, dass das, was mich umgibt, etwa die Arbeit oder die Menschen um mich herum, sinnvoll ist und dass ich eine Aufgabe in diesem Gefüge habe. Jeder Mensch hat seine Aufgabe. Es geht darum, auch anderen Menschen zu helfen, diese zu finden.

Interview: Manuela Ryter, textbüro manuskript bern

Dieser Text erschien im März in der Biofachzeitschrift Oliv.

Mit Handwerk zu mehr Mobilität

Als Orthopädistin macht Lisa Reinhard Menschen mobiler. Dieser Beruf vereint Handwerk, medizinisches Wissen und den Umgang mit Menschen.

Bewegung ist ihr Leben. Als professionelle Tänzerin schafft Lisa Reinhard mit Bewegung Kunst. Und als Orthopädistin bewegt sie Menschen, indem sie sie mobiler macht. Die 23-jährige Bernerin steht in der grossen Werkstatt des Ortho-Teams in Bern, wo sie Teilzeit arbeitet. Hier geht es um Einlagen, Orthesen und Prothesen. Um Korsette und massgefertigte Rollstühle. Um Gehhilfen und Spezialschuhe. In jeder Ecke dieser Werkstatt wird gegipst, geschliffen, gefräst und genäht. Reinhard hantiert mit grossen Maschinen, arbeitet mit modernster Technik am Computer oder in Feinstarbeit von Hand. Sie hat mit Metall und Kunststoff, Karbon und Polster, Leder und Stoff zu tun. Und in der Praxis vor den Türen der Werkstatt mit Menschen – den Kundinnen und Kunden, die diese Hilfsmittel benötigen.

Frauen in der Überzahl

Vor sich hat sie ein Korsett, das noch in Arbeit ist. Es wird seine Besitzerin, die an Muskelschwäche leidet, aufrecht halten und ihren Gang verbessern. Damit ihr Rü- cken gerader wird und die Schmerzen weniger werden. In einer Kiste warten die Unterschenkelorthesen eines Fünfjährigen mit cerebraler Lähmung. Diese «Schienen» sollen verhindern, dass sich seine Muskeln verkürzen, und ihm beim Laufenlernen helfen. Reinhard hat sie selbst gefertigt. Sie hat die Beine des jungen Kunden in der richtigen Stellung eingegipst und danach ein Modell gegossen, dieses geschliffen und mit Polster und erwärmtem Kunststoff überzogen. Nur die Näharbeit für Ledereinsatz und Klettverschlüsse überliess sie anderen Spezialistinnen. «Im Ortho-Team arbeiten wir in spezialisierten Abteilungen, aber eigentlich sind wir alle Allrounder und haben das Handwerk jedes Bereichs gelernt.»

Es sei die Abwechslung und Vielseitigkeit, die sie an diesem Beruf fasziniere, sagt Reinhard. Er verlange grosses handwerkliches Talent, soziale Kompetenzen und viel medizinisches Wissen. Die vierjährige Lehre, die in einem Orthopädie-Geschäft absolviert wird, sei daher gerade für Frauen attraktiv. Und tatsächlich: Waren noch vor 15 Jahren fast nur Männer an den zwei Berufsschulen in Zürich und Lausanne, seien die Frauen heute in der Überzahl. Pro Lehrjahr sind es rund 35 Lernende.

Sie kennt die andere Seite

Lisa Reinhard, die schon als Kind stundenlang bastelte, fühlt sich in der Werkstatt wohl. Das Talent und die Leidenschaft für den Beruf hat sie von ihrem Vater, der das Ortho-Team vor über 20 Jahren mitgründete. Heute werden schweizweit rund 200 Mitarbeitende beschäftigt. Als Jugendliche erfuhr sie selbst, was es heisst, wenn die Mobilität eingeschränkt ist: Ihre Wirbelsäule wuchs krumm heran und sie musste während drei Jahren ein hartes Korsett tragen. «Da lernte ich den Beruf kennen und schätzen. Ich erkannte, wie viel Arbeit in einem Hilfsmittel steckt.» Diese Dankbarkeit erhält sie heute von ihren Kunden. Sie sind gehbehindert, verletzt oder haben Schmerzen. Es sind Alte oder Kinder. Profifussballer, Banker oder geistig Behinderte.

Eine Arbeit, die Sinn macht

Der Umgang mit den Kunden sei so bereichernd wie herausfordernd, sagt die selbstbewusste junge Frau. Doch auch dies sei Teil der Ausbildung. «Das wichtigste ist, dass man jeden Kunden ernst nimmt. Auch mit Kindern oder mit geistig Behinderten kann man ganz normal reden – nur so findet man heraus, wo es drückt oder schmerzt. Und auch Senioren, die Schmerzen haben, muss man verstehen und ihnen zuhören können.» Ihre Stammkunden besucht Reinhard regelmässig im Spital, im Schulheim oder in Institutionen, und arbeitet dort mit Ärzten und Therapeutinnen zusammen. Die Mobilität ihrer Kunden gebe ihrer Arbeit Sinn, sagt Reinhard. «Mein Ziel ist es, dass sie ein eigenständigeres Leben führen können.» Oder dass sie schmerzfrei leben könnten – und dadurch mobiler seien. Denn mit Schmerzen nehme man immer den kürzesten Weg. Diese Herausforderung sei ihr Antrieb: «Ich weiss, wozu ich arbeite.»

Text und Bilder: Manuela Ryter, textbüro manuskript in Bern

Dieser Text erschien am 25.Februar 2014 in der BZ-Beilage "Bildung".

freier büroplatz von mai bis dez

befristeter büroplatz gesucht? in unserem kreativen und modernen gemeinschaftsbüro am waffenweg 9 im breitenrain steht von mai bis dezember 2014 ein büroplatz leer und wartet darauf, dass jemand anderes kommt, um zu hirnen, konzepten, schreiben, kreieren, kabeln und studieren. kosten: 240 franken pro monat inklusive energie aus heizung, steckdose, modem und kaffeemaschine. interessierte melden sich unter manu@dasmanuskript.ch

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Manuela RyterComment
frohe weihnachten!
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auch wenn es noch nicht den anschein macht und der schreibtisch nach wie vor überquillt, die leeren kaffeetassen sich stapeln, kunden langsam nervös werden, der schnupfen überhand nimmt und der husten husten bleibt, auch wenn die arbeitstage länger statt besinnlicher werden und die rechnungen höher als angenommen, wenn man vom festtagsrummel in der stadt noch nichts bemerkt hat, weil man gar keine zeit hat, sich dort zu bewegen, wenn der mac dein bester freund ist und du für freunde keine zeit hast, wenn das curry beim inder so scharf ist wie immer und die texte immer langsamer in die tasten fliessen, weil das hirn zu müde ist, nicht aber die kinder, die in heiterer vorfreude auf die geschenke in hyperaktiven zuständen die hütte auf den kopf stellen, wird es irgendwann soweit sein: compi runterfahren. abwesenheitsnotiz rein. und dann ab in die ach so reine besinnlichkeit: weihnachten naht!

wir wünschen frohe festtage und fröhliche vorsätze fürs neue jahr. 

das textbüro manuskript.

eigentorManuela RyterComment
Gymnasium Lerbermatt bricht Tabu
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In Zeiten der Sparpolitik geht das Gymnasium Köniz-Lerbermatt neue Wege und lässt sich eine der zwei neuen Mint-Klassen von einem Könizer Medizinaltechnik-Unternehmen finanzieren. Andere Gymnasien kritisieren dies als Wettbewerbsverzerrung.

Die Sponsoring-Debatte erreicht auch die Gymnasien. Was bisher ein Tabu war, hat das Gymnasium Köniz-Lerbermatt bereits umgesetzt: Die ortsansässige Firma Haag-Streit, ein internationales Schwergewicht im Bereich der Medizinaltechnik, finanziert eine der beiden Mint-Klassen, die im Herbst im Rahmen eines kantonalen Mint-Förderprojekts gestartet sind («Bund» vom 13. November). Mint steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. 187 000 Franken hat der CEO Walter Inäbnit der Schule als Defizitgarantie für vier Jahre zugesprochen - mit der Auflage, dass die Schule weitere Geldgeber sucht. «Es geht hier um Gönnerschaft, nicht um Sponsoring», betont die Mint-Projektleiterin Gabriele Leuenberger, Konrektorin des Gymnasiums. Die Schule gehe weder Verpflichtungen ein noch erbringe sie Gegenleistungen. Auch inhaltlich nehme der Gönner keinen Einfluss. «Den Lehrplan für den Mint-Unterricht bestimmen wir.»

«Notwendiges Engagement»

Das Interesse an der Mint-Klasse sei gross gewesen, doch habe das Geld des Kantons nur für eine Klasse gereicht, so Leuenberger. «Wir standen also vor der Wahl, Schüler abzulehnen oder andere Finanzierungsquellen zu suchen.» Ihr sei es aus gesellschaftspolitischen Gründen wichtig, dass alle Schüler - insbesondere die vielen interessierten Frauen - Zugang zum Mint-Angebot hätten. Die Schule gelangte an Inäbnit, der im Beirat der Mint-Klasse sitzt. Einsitz haben weitere Grössen aus Wirtschaft und Wissenschaft wie etwa der Herzchirurg Thierry Carrel von der Universität Bern oder BKW-Chefin Suzanne Thoma. Inäbnit ist bereits als Gönner und Sponsor der Universität Bern und der Fachhochschule Bern bekannt, bei ihm stiess das Gymnasium auf offene Ohren.

«Wir brauchen in der Schweiz unbedingt mehr Ingenieure und Naturwissenschaftler», sagt Inäbnit. Er habe daher nicht gezögert, das «ausgezeichnete Projekt» zu unterstützen. Es sei - gerade angesichts der aktuellen Kürzungen im Bildungsbereich - notwendig, dass sich die Wirtschaft stärker engagiere, «sonst wird die Schweiz langfristig nicht mit dem Ausland mithalten können». Einfluss auf Unterrichtsinhalte nehme er nicht, sagt Inäbnit, das brächte seinem international tätigen Unternehmen nichts. «Wir bieten der Klasse einzig unsere Hilfe an, geben gerne Inputs oder ermöglichen den Schülern einen Einblick in unsere Labors, falls dies gewünscht wird.» Auch Plätze für Praktika, die Bestandteil der Mint-Richtung sind, werden Haag-Streit und andere Unternehmen zur Verfügung stellen.

Mittel zur Weiterentwicklung

Wie vereinbart sucht das Gymnasium nach weiteren Geldgebern. «Wir werden insbesondere Stiftungen und lokal verankerte Firmen anfragen», sagt Bernhard Blank, stellvertretender Rektor des Gymnasiums. Er könne sich vorstellen, dass das Finanzierungsmodell in Zeiten des Sparens ein Modell für die Zukunft werde, es seien bereits weitere Projekte aufgegleist. Wichtig sei, dass das zusätzliche Angebot allen Schülern offenstehe und keine Elite fördere. Auch dürften Image und Neutralität der Schule nicht darunter leiden. Und: «Der obligatorische Unterricht darf auf keinen Fall privat finanziert werden, das ist Aufgabe des Staates.» Fakultative Fächer und Projekte privat zu finanzieren, sei jedoch legitim, sagt Blank. So könne sich das Gymnasium die nötigen Mittel schaffen, um sich weiterzuentwickeln und das Bildungsangebot den gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen.

Das Pilotprojekt Mint solle am Gymnasium Köniz-Lerbermatt zum festen Bestandteil werden, sagt Leuenberger. Falls der Kanton - Bildungsdirektor Bernhard Pulver (Grüne) hat die Gönnerschaft genehmigt - das Projekt nach der Pilotphase nicht weiter unterstützen sollte, werde das Gymnasium den Unterricht weiter privat finanzieren. Zuvor müssen Gönner gefunden werden für eine dritte Mint-Klasse, die aufgrund des grossen Interesses bereits im Herbst 2014 nötig wird.

Vorwurf Wettbewerbsverzerrung

Bei der Konkurrenz kommt das Vorgehen nicht gut an. «Das gab es noch nie», sagt Rolf Maurer, Rektor des Gymnasiums Neufeld. Er erachtet es als «problematisch», wenn sich in der Schule Staatliches und Privates vermischte. Es seien Vereinbarungen möglich, damit der Unterricht nicht beeinflusst werde. Anders als bei Universitäten mit einem Forschungsauftrag gebe es bei Gymnasien weniger Bereiche, die beeinflusst werden könnten. Das grössere Problem sieht er im Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Gymnasien in Bern, «wenn eine Schule plötzlich bessere Projekte anbietet, nur weil sie den grössten Götti hat». Ein gewisser Wettbewerb sei wichtig, «es darf jedoch über Sponsoringbudgets kein Grosswettbewerb entstehen». Es sei darum gut, dass der Staat die Aufgaben definiere und auch finanziere.

Auch Elisabeth Schenk, Abteilungsrektorin am Gymnasium Kirchenfeld, spricht von einer Wettbewerbsverzerrung - diese habe jedoch bereits mit der Finanzierung der Mint-Projekte durch den Kanton begonnen. «Mit dem regulären Kostendach haben alle Schulen die gleichen Voraussetzungen und können Prioritäten setzen.» Noch sei dieser Spielraum vorhanden - trotz der kantonalen Sparübungen. Schenk steht einer Gönnerschaft durch Firmen grundsätzlich kritisch gegenüber. «Meiner Meinung nach müsste eine Schule dieser Grösse ein solches Projekt unter dem regulären Kostendach finanzieren können.» Wie bei Universitäten stelle sich die Frage nach der Abhängigkeit und der Einflussnahme: «Die Bildung ist und bleibt ein öffentlicher Auftrag.» Wenn ein Unternehmen eine Maturazeitung unterstütze, ein Instrument für ein Musikprojekt sponsere oder einzelne Schülerprojekte mitfinanziere, sei das unproblematisch. Bei einem Unterrichtsprojekt sei das jedoch anders: «Wenn Lehrerlöhne privat finanziert werden, überschreitet das eine Grenze.»

Das vierte Gymnasium im Berner Einzugsgebiet, das Gymnasium Hofwil, sieht das Ganze weniger kritisch: «Wenn gespart wird, ist es naheliegend, dass man auch andere Geldgeber sucht», sagt Rektor Peter Stalder. Gerade für ausgewählte Projekte, die zeitlich beschränkt oder aussergewöhnlich seien und einen Mehrwert für die Jugendlichen darstellten, könne er sich ein solches Finanzierungsmodell vorstellen. Wichtig sei, dass die Schule den Unterrichtsinhalt selber gestalten könne: «Der Lead muss bei der Schule sein.»

Auch Politik gespalten

Die Meinungen sind auch in der Politik gemischt. Grossrat Samuel Leuenberger (BDP) erachtet es als richtig, «wenn ein Gymnasium den Mut hat, unternehmerisch aktiv zu werden - vorausgesetzt, dass es nicht abhängig wird und eine Firma keinen Einfluss nehmen kann». Der grüne Grossrat und Solarpionier Urs Muntwyler, Professor für Fotovoltaik an der Fachhochschule Bern, sitzt im Beirat der Mint-Klasse und begrüsst die Lösung: Mint sei wichtig, und mit Inäbnit habe das Gymnasium Lerbermatt einen sehr guten Gönner gefunden. Er könne sich gut vorstellen, selber Gönner des Projekts zu werden. «Langfristig hätte ich jedoch Vorbehalte - die Schulen dürfen nicht zum langen Arm der Unternehmen werden», sagt Muntwyler.

Kein Geld ohne Gegenleistung

Es sei «naiv» zu glauben, dass eine Firma Geld gebe, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, sagt hingegen Roland Näf, Grossrat und Präsident der SP Kanton Bern. «Das Interesse der Firmen im Mint-Bereich liegt bei der Rekrutierung von zukünftigen Fachkräften.» Unabhängigkeit beginne im Kopf: «Wenn wir eine Beziehung zu einer Firma aufbauen, bleibt diese in unserem Kopf.» Das beginne bereits bei einem Firmenbesuch. Der Kontakt von Schülern zu Firmen sei zwar sehr wichtig, «aber dieser darf auf keinen Fall im Zusammenhang mit einer Gönnerschaft stehen.» Für ihn ist deshalb klar: «Die öffentliche Schule muss zwingend öffentlich und vollkommen unabhängig bleiben.»

Zur Sache

«Dies ist ein Einzelfall»

Herr Battaglia, sind Sponsoring und Gönnerschaft an Gymnasien schulpolitisch vertretbar?

Für uns ist wichtig, dass es sich um ein Gönnertum handelt und nicht um ein Sponsoring - die finanzielle Unterstützung ist also nicht an Bedingungen geknüpft, und es wird keine Werbung für die Firma gemacht. Weitere Kriterien für unser O. K. waren folgende: Es handelt sich um eine lokal verankerte Firma, und der privat finanzierte Unterricht ist fakultativ. Für die Finanzierung des obligatorischen Unterrichts ist der Kanton zuständig.

Der Gönner sitzt immerhin im Beirat und bietet Praktikumsplätze an. Wie kann eine Einflussnahme verhindert werden?

Der Beirat ist nur ein beratendes Gremium, und Praktikumsplätze gibt es auch in anderen Betrieben. Man muss dies aber sicher sorgfältig beobachten.

Wird dieses Finanzierungsmodell in Sparzeiten zum Zukunftsmodell?

Nein, sicher nicht. Es handelt sich hier um eine spezielle Situation, weil es sich um ein Projekt handelt, das zum Teil auch durch den Kanton finanziert wird. Die Schule stand vor der Wahl: entweder Schüler abweisen oder den Gönnerbeitrag annehmen. Dies ist ein Einzelfall.

Die Schule plant jedoch, das Projekt auch längerfristig über Gönner zu finanzieren.

Ein Gönner zahlt nicht ewig. Falls das Projekt zum Normalbetrieb wird, muss die Schule die Kosten innerhalb des regulären Kostendachs bewältigen.

Das Mint-Projekt ist ein fakultatives Angebot. Wo liegen die Grenzen? Was geschähe, wenn ein Gymnasium zum Beispiel die in der Sparrunde gestrichenen Russischlektionen als fakultatives Angebot privat finanzieren liesse?

Das wäre sicher nicht möglich, da es sich dabei um obligatorischen Unterricht handelt. Die Schulen müssen grundsätzlich jede Gönnerschaft mit uns absprechen. Wir gehen jedoch nicht von einem Flächeneffekt aus.

Die Gymnasien kommen mit jeder Sparrunde stärker unter Druck. Werden sie private Geldgeber brauchen, um sich zu profilieren?

Wir gehen nicht davon aus, dass dies notwendig ist. Jedes Gymnasium kann schon heute Schwerpunkte setzen, um sich zu positionieren. Das Gymnasium Neufeld etwa hat die Sportklasse, im Kirchenfeld gibt es die zweisprachige Maturität. (Interview: mry)

Zur Person

Mario Battaglia ist Vorsteher der Abteilung Mittelschulen in der Erziehungsdirektion.

 

Dieser Artikel erschien am 30. November 2013 im "Bund"

Text: Manuela Ryter, textbüro manuskript, Bern

Roboter, Neuronen und ein Schweinehirn
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Am Gymnasium Köniz-Lerbermatt können sich seit Semesterbeginn zwei Mint-Klassen in den Naturwissenschaften austoben. Das neue Angebot soll die Nachfrage nach technischen Berufen steigern. Einiges deutet darauf hin, dass das gelingt.

Das Hirn ist bereits etwas geschrumpft. Das gelbliche Stück Fleisch schwappt im Alkohol hin und her. Es ist ein Teil des Grosshirns, auch ein Stück des Kleinhirns hängt noch dran. Der Rest dieses Schweinehirns wurde von den Schülerinnen und Schülern der Mint-Klasse am Gymnasium Köniz-Lerbermatt abgetrennt und liegt nun in kleine Stücke geschnitten in flüssigem Paraffin im Wärmeschrank. Biologielehrer Peter Nyffeler erklärt seinen Schülern, weshalb es zur Weiterverarbeitung ihrer Präparate keine Wasserresten in den Hirnstücken haben darf. Und ermahnt sie: «Sie sollen nicht nur lernen, wie die Forscher Präparate machen, sondern auch, warum sie es so machen.»

Projekt mit politischem Ziel

Mint steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Es sind ebendiese Fächer, mit denen sich viele Schülerinnen und Gymnasiasten schwertun. Es sind jene Fächer, die den Ruf haben, trocken, theoretisch und kompliziert zu sein, und in denen es in der Wirtschaft an Fachkräften und vor allem an Nachwuchs mangelt. Besonders Frauen sind in diesen Bereichen nur wenige zu finden. Um diesem Trend entgegenzuwirken, hat der Kanton Bern im vergangenen Jahr ein Projekt zur Förderung der Mint-Berufe lanciert. Unter anderem finanziert er auch eine der zwei neuen Mint-Klassen in Köniz - die ersten in der Schweiz -, die nun während der gesamten gymnasialen Ausbildung in zwei zusätzlichen Lektionen pro Woche in die Welt der Technik und der Naturwissenschaften abtauchen werden.

Hirn in allen Varianten

Es ist acht Uhr morgens, doch die sieben Schülerinnen und zehn Schüler gehen mit voller Konzentration an die Arbeit: Heute werden sie die kleinen Hirnstücke, die sie in einem langen Prozess entwässert haben, in Paraffinblöcken konservieren - um sie später gemeinsam mit den Profis am Naturhistorischen Museum sowie am Anatomischen Institut der Universität Bern in ultradünne Plättchen zu schneiden. Danach werden sie die Zellen und Strukturen der verschiedenen Hirnteile unter dem Mikroskop erforschen und miteinander vergleichen. «Wir können ins Hirn dieses Schweins hineinsehen und dann vielleicht auch verstehen, wie das menschliche Hirn aufgebaut ist und wie es funktioniert», sagt Etienne Hofstetter (17). Er sagt es nicht ohne Stolz, denn: «Wer hat schon die Möglichkeit, ein Hirn zu sezieren?»

«Think Mint - Denken in Netzwerken» ist das Thema des ersten Mint-Jahres - das Hirn ist der rote Faden der Lektionen. Vor den Herbstferien bauten die Schülerinnen und Schüler mit der Physiklehrerin einen Roboter aus speziellen Lego-Steinen und programmierten ihn. Dies sei eine Spielerei, aber auch eine Herausforderung gewesen, sagt Mario Trachsel (16): «Die Roboter mussten am Schluss durch ein Labyrinth gesteuert werden.» Man habe getüftelt und ausprobiert, bis die künstliche Intelligenz hergestellt war und funktionierte. Zeit zu haben zum Forschen und für viel Praxis statt Theorie, das sei das Tolle an Mint, sagt er. Seine Mitschüler nicken.

Vernetzung ist alles

Praktisch arbeiten die Jugendlichen jedoch nicht nur am Gymnasium. In der Sekunda, dem zweitletzten Jahr am Gymnasium, werden sie beispielsweise an der ETH Lausanne eine Woche lang in verschiedenen Bereichen arbeiten.

Nach der Robotik folgt die Anatomie. Und im Winter wird die Klasse ein Neuronennetzwerk konstruieren und der Reizverarbeitung des Gehirns auf die Spur gehen. «Mint verbindet Physik, Biologie, Chemie und Informatik miteinander - das macht das Projekt so spannend», sagt Etienne Hofstetter. Genau um diese Vernetzung gehe es, sagt Biologielehrer Nyffeler. «Die Schüler sollen lernen, in vernetzten Strukturen zu denken.» Vernetzung geschieht auch innerhalb der Klasse: Die Mint-Schüler haben im Gegensatz zu anderen Klassen verschiedene Schwerpunktfächer, von Musik bis Wirtschaft. «Da kommen verschiedene Denkweisen zusammen», sagt Seraina Bartetzko (16).

Mehr lernen dank Erlebnis

Sie macht sich nun mit ihrer Gruppe daran, «ihr» Hirnstück zu präparieren. Mit ruhiger Hand platzieren die jungen Frauen Winkel auf Glasscheiben, füllen die Öffnungen mit flüssigem Paraffin. Sie müssen den richtigen Moment erwischen, um das gelbe Stück Fleisch in die erkaltende Flüssigkeit zu geben. «Es ist extrem spannend, dass wir diesen Einblick erhalten», sagt Lea Hiller (15), «über das Hirn ist noch lange nicht alles erforscht, und es ist unvorstellbar, was es alles leistet.» Dieses Schweinehirn sei gar im Schweinekopf geliefert worden, «so konnten wir sehen, wie das Hirn im Kopf eingebettet ist». Als sie es rausgenommen hätten, sei es fast auseinandergefallen - das Hirn bestehe ja nur aus einem einzigen Strang.

Die jungen Frauen erzählen voller Begeisterung. Sie sind stolz, dass sie lernen dürfen, was sonst nur in Forschungslabors und Universitäten gemacht wird. «Es ist einfach der Wahnsinn, dass wir im ersten Gymerjahr die Möglichkeit haben, mit Profis von der Uni zusammenzuarbeiten», sagt Lea Hiller. Gerade für sie, die später Veterinärmedizin studieren will - das sei seit je klar -, sei dies von grosser Bedeutung.

Der Biolehrer ist zuversichtlich

Ob das politische Ziel, dass sich mehr Maturanden und vor allem Maturandinnen für ein naturwissenschaftliches Studium entscheiden, erreicht wird, ist offen. Die Wahrscheinlichkeit sei jedoch gross, sagt Biologielehrer Nyffeler. Denn: «Ausgerechnet im letzten Jahr, wenn es auf die Matura zugeht und die Studienwahl ein Thema wird, werden nach Lehrplan ausser Mathematik keine naturwissenschaftlichen Fächer unterrichtet. Dabei wären die Schüler dann geistig so weit, auch kompliziertere Sachen zu machen.» Die Mint-Klasse ermögliche nun ein Kontinuum, und man werde diese Schüler nach dem Gymnasium «motiviert in die Welt katapultieren». Das Praktische sowie die Zusammenarbeit mit den Hochschulen und Unternehmen machten die technischen Berufe fassbarer, sagen die Schüler: «Man kann konkreter an ein Studium oder einen Beruf herangehen, wenn man bereits einen Einblick hatte», so Mario Trachsel. Dies werde die Studienwahl erleichtern.

Mint-Klasse

Für 2014 schon 60 Anmeldungen

Von wegen Technikflaute - die Mint-Klasse ist ein voller Erfolg: Bereits im ersten Jahr meldeten sich mehr Schüler an als erwartet, weshalb mit zwei statt einer Klasse gestartet wurde. Das grosse Interesse zeige, dass die Gymnasien trotz vollem Lehrplan mehr Freiraum schaffen müssten für mehr Praxis und «fürs Forschen und Tüfteln», sagt Projektleiterin und Konrektorin Gabriele Leuenberger. Dies fördere die Kompetenzen sowie die Selbstständigkeit und die Vernetzung der Schüler. «Wir müssen die Gymnasien modernisieren und sie öffnen und vernetzen.» Wie viele Mint-Klassen ins Schuljahr 2014/15 starten werden, ist noch unklar - es haben sich bereits 60 angehende Gymnasiasten angemeldet. «Wir wissen noch nicht, wie wir mit diesem Ansturm umgehen werden», sagt Leuenberger. Man werde auf jeden Fall eine Lösung finden, denn das Gymnasium wolle nicht schon im zweiten Jahr Schüler abweisen. Umso weniger, als das Projekt eines der Ziele erreicht habe: Die Mint-Klasse begeistert auch junge Frauen. Im nächsten Jahr wird voraussichtlich fast die Hälfte der Teilnehmenden weiblich sein. (mry)

 

Dieser Artikel erschien am 13. November 2013 im "Bund".

Text: Manuela Ryter, textbüro manuskript, bern

Im Tempo der Seele
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Als Familie mit dem Fahrrad durch den Süden Neuseelands – ein unvergesslich schönes Erlebnis

 

Neuseelands Südinsel ist einsam und abwechslungsreich. Wer hier mit dem Velo unterwegs ist, lernt Landschaft in ihrer ursprünglichen Form kennen – unverbaut, wild und unverhältnismässig schön.

Unwirklich und eine Spur zu leuchtend ist das Türkis des Lake Tekapo. Übertrieben die von Lupinen übersäte Weite, ein violettes Meer, das den Gletschersee umarmt. Viel zu blau der Himmel über den perfekt gepuderten Schneebergen am Horizont. Pathetisch und von gestochener Schärfe wie einer dieser modernen Animationsfilme in 3-D. Wir steigen aus dem kleinen Reisebus, schultern unsere zwei Kinder (eineinhalb- und knapp vierjährig) und laden unser Gepäck aus, das fast den gesamten Anhänger füllt: zwei Fahrräder, zwölf Taschen, ein Kinderanhänger. Dann schauen wir uns erst einmal um, blinzeln in die Sonne wie Häftlinge, denen gerade die Flucht gelungen ist. Überwältigt und unsicher, ob dies alles wirklich wahr ist.

Hier, an diesem unverschämt schönen Flecken Erde im Herzen von Neuseelands Südinsel, beladen wir unsere Fahrräder, setzen die Buben in den Chariot, montieren die beiden Fähnlein und fahren los. Hinaus in die Freiheit, hinein in die Natur, die uns in ihrer ursprünglichen Schönheit empfängt. Einige japanische Touristen blicken uns ungläubig hinterher.

Der Weg als Highlight

Drei Monate lang werden wir unterwegs sein, ohne Zeitplan und ohne Route, dafür mit Zelt, einer Ladung Windeln und genügend Proviant. Es ist Anfang Dezember, und der Sommer ist für Neuseeland ungewohnt mutig im Anmarsch. Noch schrecken wir bei jedem Auto, das uns überholt, auf. Viel Verkehr hat es nicht auf den meisten Strassen der Südinsel. Aber die Kiwis, wie sich die Neuseeländer liebevoll nennen, fahren schnell und sind Velofahrer nicht gewohnt. Sie bewegen sich lieber im Offroader als auf unmotorisierten Zweirädern.

Dabei hat die Südinsel dem Langsamreisenden viel zu bieten. Landschaften, die so schön sind, dass sie in Europa längst zugebaut wären, warten einsam auf Besucher. Hier ist der Weg das Highlight. Vielleicht ist dies der Grund, dass Rucksacktouristen und Reisende im Wohnmobil die Nordinsel mit ihren Vulkanen, Geysiren und Badestränden viel spektakulärer finden als die einsame, wilde Südinsel. Wer jedoch nicht nur auf der Jagd nach Sehenswürdigkeiten ist und sich fernab der Zivilisation wohl fühlt, ist im Süden glücklich.

Wir fahren durch die Berglandschaft, dem Mount Cook, mit seinen 3754 Metern der höchste Berg Neuseelands, entgegen. Wir beobachten, wie auf der «Mt Cook Alpine Salmon»-Farm Lachs heranwächst, und entdecken am Ende des schnurgeraden Lake-Tekapo-Kanals den neu erstellten «Alps 2 Ocean Cycle Trail». Der Radweg wird uns in den folgenden Tagen über zum Teil abenteuerliche Mountainbike-Strecken – es sind jene Teilstücke, die erst auf der Karte existieren – bis nach Oamaru ans Meer führen. Wir sind langsam unterwegs, und so suchen wir in der Natur einen geschützten Platz für unser Zelt. Als wir am Morgen am Ufer des Lake Pukaki erwachen, blicken wir ins Blaue – nur die weisse Bergkette der Southern Alps unterstreicht den Horizont zwischen Wasser und Himmel. So schön hätten wir uns Neuseeland nie zu erträumen gewagt.

Am Lake Ohau beenden wir die anstrengende Fahrt dem Kanal entlang. Kühl ist das Bad, befreiend die totale Einsamkeit. In Omarama stellen wir unser Zelt im Garten eines stämmigen neuseeländischen Ehepaars auf. Die Buben schlafen, während uns in der Stube zu einem Rotwein Geschichten und Fotos von Jagd- und anderen Abenteuern aufgetischt werden. In der Schlucht bei Ngapara schlagen wir die Heringe hoch oben auf einer leeren Kuhweide ein. Leicht beunruhigt darüber, ob nicht doch irgendwo hinter einer Kuppe ein Stier sein könnte, geniessen wir die Aussicht über die von Felsen durchzogene Gegend. An Heiligabend erreichen wir das Meer.

Das Velofahren wird zu unserem Alltag, die Natur zu unserem Zuhause. Wenn wir auf den einsamen Strassen dem Horizont entgegenfahren, entlang von Gletscherseen, durch bizarre Felslandschaften und über sanfte Hügel, werden wir euphorisch. Der steilste Berg wird überwindbar, der stärkste Gegenwind erträglich. Unsere Buben, schmutzig und mit verstrubbelten Haaren, beginnen sich in der freien Natur wohl zu fühlen. Kinder lieben Abenteuer. Und sie lieben Freiheit. Aber auch unser Blick wird offen, unser Kopf frei. Der Stress unseres Schweizer Alltags blättert ab wie alte Farbe.

Wir fahren von Oamaru der Ostküste entlang südwärts. Wir sind langsam unterwegs – im Durchschnitt fahren wir gut 40 Kilometer pro Tag. Den Rhythmus geben die Kinder vor. Und die Arbeiten, die Velofahren und Zelten mit sich bringen. Es dauert immer ewig, bis wir morgens wegkommen, bis die Velos bepackt, die Kinder gewickelt, gefüttert und eingecremt sind. Wer mit Kindern unterwegs ist, darf sich nicht zu viel vornehmen. Wir sind gezwungen, den Tag langsam anzugehen, möglichst keine Pläne zu schmieden und Ziele spontan zu ändern. Und wenn eine Nebenstrasse in einen mörderischen Highway mündet oder ein steiler Pass vor uns liegt, nehmen wir eben den Bus.

Abwechslungsreiche Strecke

Mit Rückenwind fliegen wir regelrecht durch die stürmischen Catlins ganz im Süden, wo Delphine in den Buchten auf Surfer warten, Pinguine die Zeltplätze bevölkern und Seelöwen die harschen Strände kontrollieren. Wo der Urwald die Nichtigkeit der Menschen demonstriert und Wind und Meer die Wucht der Natur unterstreichen. Wir kämpfen uns 150 Kilometer weit auf einer ehemaligen Zugstrecke – heute ist sie ein holpriger Veloweg – durch die kargen Weiten des Central Otago ins Landesinnere, bis nach Wanaka, das sich Schweiz von Neuseeland nennt.

Und wir fahren bei bestem Wetter die sonst so regenreiche Westküste empor, wo sich die nur wenig befahrene Strasse spektakulär zwischen Regenwald und den menschenleeren Sandstränden entlang der Tasmanischen See hindurch zwängt, bis sie in Kohaihai im Nichts endet.

Im Abel Tasman bei Nelson erwarten uns nach fast 1500 gefahrenen Kilometern goldene Badestrände, doch das Paradies, das wir wie Hunderte andere in einem kleinen Boot erreichen, erscheint uns nach drei Monaten im Sattel geradezu langweilig; die Touristen erschrecken uns. Uns wird klar: Wer reist, der sieht die Welt; wer mit dem Fahrrad reist, erlebt sie. Oder wie es ein von unserer Reise unendlich beeindruckter Schweizer Motorradfahrer auf einem Rastplatz an der Westküste nicht ohne Neid in der Stimme formulierte: Beim Fahrradfahren hat man exakt die richtige Geschwindigkeit, damit auch die Seele mitkommt. Wie wahr. Wie unglaublich wahr.

 

Diese Reisereportage erschien am 8. November 2013 in der NZZ

Text: Manuela Ryter, textbüro manuskript bern